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Sigrid Krenner - Ernst Miesgang

Eröffnung:  23. März 2018

Ausstellungsdauer: 24. März - 4. April 2018

Do - Sa, 16 - 20 Uhr

 

Sigrid Krenner beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Wahrnehmungs- und Deutungsprozessen von Sprache. Diese können auf verschiedenste Weise beobachtet werden. Krenners Leitgedanke ist die Darstellung ihres eigenen Referenzrahmens von (alltags-) sprachlicher Umgebung, zur persönlichen Auslegung, bis hin zur formalen Veranschaulichung – es geht also darum, Sprache bild- haft zu machen. Durch die künstlerische Produktion nimmt Krenner vermeintlich bedeutungslosen Phrasen ihre Banalität. Aus einfachen Aussagen oder Wortwechseln zieht sie eine lyrische Essenz und lässt daraus ihre Werke entstehen. Krenner sammelt die- se Sprachfragmente. Erst durch das Niederschreiben entdeckt man die Poetik von etwas Gesagtem, auch wenn man dies anfangs nicht vermutet hätte. 

 

Krenner legt ihren Fokus dabei auf die gewöhnliche, alltägliche Sprachwelt, z.B. auch Sprache im Dialekt. Unter den erlauschten Fragmenten findet man ausschließlich solche, die die Künstlerin persönlich erlebt hat, beispielsweise ein Satz aus einem zufällig mitgehörten Telefongespräch oder eine Aussage aus einer Fernsehsendung. Die Mitteilungen werden dabei aus ihrem Kontext genommen und jedes Wort wird in seiner Begrifflichkeit angewendet.

 

„Aus daher gesagten Phrasen [werden] skurrile Mantras und aus ungeschickt formuliertenSätzen wird nahezu abstrakte Dichtung.“ 

Die Mitteilungen in Krenners Fundus werden zum Recherchefeld – indem die Künstlerin die erlauschten Bruchstücke ordnet und mit Zeichnungen oder Objekten verbindet, erschafft sie eine neue Bedeutung. JederTeil eines Werks trägt von sich aus schon eine Bedeutung, sowohl die äußere Erscheinung der Gestalt, als auch die dafür verwendeten Sprachfragmente. Krenners Werke dienen dazu, herauszufinden, wie diese Teile zusammen gefügt werden können, um beiden einen neuen Sinn zu verleihen und so illustrativ eine Geschichte zu erzählen. 

 

Das Material für Ernst Miesgangs Werke ist ebenfalls fragmentarisch. Für die Collagen der Serie „CRITTERS“ sind es ausgerissene Bilder aus Werbeprospekten, für die Plastiken der Serie „SHATTERED“ Scherben zerbrochener Keramik- oder Porzellanfiguren bzw. Objekten, aus denen Miesgang seine Werke zusammensetzt. Die ikonischen Kompositionen der Serie „CRITTERS“ lassen ihr Ausgangsmaterial kaum noch erkennen. Sie muten organisch an und erinnern an historische Schautafeln von Insekten oder ähnlichem Getier.

 

Auch die Plastiken der Serie „SHATTERED“ ha ben organische Formen und erinnern an anatomische Schaumodelle. 

Für seine Photoarbeiten verwendet Miesgang Fragmente des menschlichen Körpers. Durch Verfremdung (z.B. mit Hilfe eines modifi- zierten Dokumentenscanners) und ungewohnte Perspektiven entstehen groteske Studien der untersuchten Objekte. 

 

Dass Miesgangs Werke an medizinische oder wissenschaftlicheModelleerinnertkommt nicht von ungefähr – sie dienen dem Künst- ler als Inspirationsquelle. In einer Zeit, in der die Theorien von heute morgen schon obsolet sein können, rücken die Theorien von gestern in den Blick des Künstlers. Wir sind immer schon auf der Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. Nur auf was wir bei dieser Suche stoßen, ändert sich von Zeit zu Zeit. Ob es nun Gott ist oder eine neue Weltformel, Miesgang glaubt, dass „das Selbst-Sein, das Forschen, das Voranschreiten und Entdecken, den schon im Suchen liegenden Funddarstellen.“ 

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Mihaela_Varzari_speech_short_version.pdf
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